Ihr lieben Weggefährten, ich habe eine wertvolle Erfahrung gemacht, was das Thema Angst betrifft. Viele Jahre meines Lebens hatte ich das Selbstbild, dass ich mir mein Leben von der Angst nicht einschränken lasse. Ich habe mich aus einem empfundenen Urvertrauen in viele Fluten hineingestürzt. Bei meiner Audienz in Tibet bei Karmapa erhielt ich den Namen „die Furchtlose“. Damals sah ich es als Selbstverständlichkeit, heute sage ich: es ist das Potential auf dessen Realisierung ich mich hinbewege.
Die letzten Monate war es still um mich. Ein anfänglich starkes Bedürfnis nach Rückzug in Kombination mit den Anforderungen, die das Leben hier in der Tramuntana an uns stellt, sorgte dafür, dass ich keine Videos mehr machte beziehungsweise es einfach aufschob und darauf wartete, bis ich wieder einen Impuls haben würde.
Ingendwann kippte die Situation jedoch in ein „ ja, jetzt mußt du auch nicht mehr damit anfangen“ und ähnlichen Gedanken, die mich entmutigten.
Ich bekam Schuldgefühle, meine Arbeit nicht mehr zu machen. Ich habe wieder damit angefangen, mich zu vergleichen.
Was ist passiert?
Ich habe einer tiefsitzenden Angst, die mir in dem Maße gar nicht bewußt war, mehr und mehr Raum gegeben. Dafür wurde der Raum für mein Seinsgefühl, meine Lebendigkeit und meinem Selbstausdruck immer enger.
Für die Erklärung der Enge, habe ich mir alle möglichen Geschichten ausgedacht - tolle, vollkommen in sich schlüssige und fast schon heroische Geschichten…
Tragisch- schauerlich-schöne Opfergeschichten eben. Geschichten mit denen man sich gut in einen Dauerschlaf hineinsuhlen kann.
Soweit ist es dann doch nicht gekommen. Das Universum hat eingegriffen und hat WIRKLICH etwas geschehen lassen. Mit wirklich meine ich einen Wink mit einem Zaunpfahl aus Holz und Materie, im Gegensatz zu den letztendlich substanzlosen Phantasierereien, mit denen ich mir mein Leben schwer gemacht hatte:
Wir, André und ich wurden zweimal ausgeraubt. Handys, Laptops, persönliche Gegenstände, Daten, Erinnerungen - vieles weg.
Das war der Wendepunkt und ich habe vestanden, dass wer sich in sich zurückzieht, vom Leben Besuch bekommt. Und es wird sich auf einer Ebene genau das vollziehen, wovor man Angst hat:
In meinem Fall eine massive Überschreitung meiner Grenzen, Eingriff in meine Privatsphäre und Verlust, Verlust, Verlust.
Doch ich lebe noch. In Anbetracht dessen, was alles passieren kann, ist das ja noch relativ milde gewesen. Und, ja, danke, reicht schon…..
Also: vor der Kraft steht die Angst. Und ich werde die Angst fortan im Argusauge behalten, auf dass sie mich nicht mehr einspinnt und mir die Freude am Leben nimmt.
Mit dem, was in der Welt geschieht − und wenn man genau hinschaut, schon seit tausenden von Jahren geschieht und sich in seinen Grundmechanismen vielleicht auch nicht mehr ändern wird − ja, ich finde, da könnte man verzweifeln.
Da ist die Welt grausam und ungerecht, voller Lügen und sonstigen Ignoranzen.
Da ist ein sich immerfort drehendes Rad von Respektlosigkeit, Haß und daraus legitimierten Egoismus, welches Entfremdung, Krieg, Zerstörung vorantreibt.
Doch: wir als Menschen sind grösser und mächtiger als das. Wenn wir es wollen.
Es gibt etwas in uns, was all diese weltliche Grausamkeit aushalten kann. Wie ein Gewächs, welches auch unter widrigen Bedingungen die Kraft hat, sich auszubreiten, haben wir in uns die Kraft, unsere Mission zu leben.
Diese Kraft in sich zu bergen, sie zu bewahren oder sie wiederzuerlangen − das wünsche ich Dir und mir.
Herzliche Grüsse,
Eva
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